Ein unerwünschtes Geschenk für künftige Generationen

Der erste Welt Nuklear-Abfall Report (WNWR) zeigt 70 Jahre nach Beginn des Atomstrom-Zeitalters eine ernüchternde Bilanz. Ausser Finnland und mit Abstrichen Schweden und Frankreich hat kein Land ein funktionierendes Konzept für die Endlagerung von Radioaktiven Abfällen.

Schwieriger Rückbau: Bei Kernkraftwerken haben es die Arbeiter beim Rückbau nicht nur mit Radioaktivität sondern auch mit Asbest zu tun. Es ist grösste Vorsicht geboten. Bild: Martin Arnold.

Es gibt Probebohrungen, Diskussionen über das umschliessende Gestein, wissenschaftliche Experimente, geologische Untersuchungen und politische Entscheidungen, die alle immer wieder im Widerspruch zueinander stehen. Während die Menge hoch radioaktiver Abfälle jedes Jahr zunimmt, sind die wissenschaftliche abgesicherten und politische akzeptierten Endlagerstrategien in den meisten Ländern in weiter Ferne. Stattdessen lagern die Abfälle in unsicheren Zwischenlagern oder bei den Atomkraftwerken. Um welche Mengen und welche Strahlenqualitäten es sich dabei handelt, ist unbekannt. Es sind aber europaweit mindestens 60‘000 Tonnen. Die erste Ausgabe des World Nuclear Waste Report (WNWR) - Focus Europe evaluiert, wie viel Abfall die europäischen Länder bisher produzier und zwischengelagert haben. Er benennt die geschätzten Kosten, die für den Rückbau, die Zwischenlagerung und Endlagerung von Atommüll anfallen und welche Ansätze Regierungen verfolgen, um die Finanzierung sicherzustellen. Der Bericht gibt darüber hinaus einen kurzen Überblick, wie Länder weltweit bei der Suche nach Endlagern vorgehen und vorankommen. Er beinhaltet eine Auswahl von Länderstudien, beispielsweise zu Frankreich, Deutschland, der Tschechischen Republik, Ungarn, Schweden, der Schweiz, dem Vereinigten Königreich und zu den Vereinigten Staaten. Am Bericht haben mehr als ein Dutzend Experten mitgearbeitet. Sie verstehen ihn als Grundlage für weitere Untersuchungen. Etwa zur Kapazität und der Gefahr der heutigen provisorischen Endlagerungen. So empfiehlt der Schweizer Geologe Marcos Buser, diese provisorischen Zwischenlager in die Erde zu versenken und sicherer zu machen, weil in den meisten Ländern unklar ist, wann es zur Endlagerung kommt. Dieser Meinung schliessen sich auch andere Experten an. Nicht wenige rechnen mit einem Zeitraum von Jahrhunderten, während denen unter Umständen hoch radioaktiver Abfall unsachgemäss gelagert wird. Das Problem wird also künftigen Generationen übergeben werden, die nie von Atomstrom profitiert haben. Weitere Berichte werden die Terrorgefahr untersuchen müssen, denen die Gesellschaft durch die Zwischenlagerung ausgesetzt ist. Ausserdem werden künftige Nuklearabfall-Reporte auch die Situation in Kanada, China, Japan, Russland oder Südkorea unter die Lupe nehmen müssen.


Desaströse Erfahrungen


Weniger streng sind die Endlager-Anforderungen an leichte und mittelradioaktive Abfälle. Dafür aber ist die Menge viel grösser. Auf 2,5 Millionen Kubikmeter wird der Abfall in Europa geschätzt – und zwar ohne Russland. Aber auch die Lagerung weniger gefährlicher radioaktiver Abfälle müsste Sicherheitskriterien erfüllen. Dabei erreicht sie manchmal nicht einmal minimale Standards, wie das Lager im Deutschen Asse beweist. In das ehemalige, mit 220‘000 Kubikmeter Abfall gefüllte Salzlager drang Wasser ein, so dass nun die die Mischung aus Salz und radioaktivem Abfall das fünffache Volumen angenommen hat, das nun neu entsorgt werden muss. Das Beispiel zeigt aber auch, wie schwierig die geologische Einschätzung eines Endlagers ist. Asse für Jahrtausende als sicher, es war nur wenige Jahre dicht.


Zwischenlager auch bald gefüllt


Der Nuklear-Abfall Bericht weist auf ein weiteres Problem hin. Auch die Provisorien und Zwischenlager für abgebrannte Brennstäbe sind vielerorts nahezu voll. Schätzungen zufolge wird die Menge des radioaktiven Abfalls alleine in Europa – ohne Russland hinzuzuzählen – ein Volumen von 6,6 Millionen Kubikmeter erreichen. Dies entspricht den Ausmassen eines Fussballfeldes, das auf eine Höhe von 919 Meter, also höher als das höchste Gebäude der Welt, mit radioaktiven Abfällen gefüllt ist. Die extrem langsame Entwicklung beim Rückbau und dem Aufbau der Endlagerstätten erschwert die Schätzung der Kostenentwicklung. Hinzu kommt die bisher zu geringe Erfahrung beim Rückbau von Kernkraftwerken, sodass Vergleichsmöglichkeiten fehlen. Von 181 bis 2019 geschlossenen Reaktoren wurden erst 19 zurückgebaut. Diese wenigen Erfahrungen zeigen aber, dass die Rückbaukosten bis auf das Fünffache die Budgets überschritten haben. Viele Länder, darunter Deutschland und Frankreich haben ihre Schätzungen aber nicht diesen neuen Erfahrungen angepasst und rechnen noch mit längst überholten amerikanischen Kostenschätzungen aus den 1980er Jahren. Gleichzeitig wurden sie nie der Teuerung angepasst. Deshalb korrigiert der Abfallreport die Deutschen Endlager-Kostenschätzungen von 24 auf 86 Milliarden Euro. Problematisch ist allerdings, dass viele Länder nicht genau definiert haben, was die Ausserbetriebnahme alles beinhaltet. Das könnte zu erheblichen juristischen Auseinandersetzungen führen. Deshalb stufen die Studienautoren den Weg Schwedens, Englands und der Schweiz mit dem Aufbau eines von den Kernkraftwerkbetreibern finanzierten, aber unabhängigen Fonds als sinnvoll ein. Denn darüber kann der Rückbau organisiert werden, ohne dass die Kernkraftwerke darauf zugreifen können. Der Bericht hält aber fest, dass bis heute kein Land die Finanzierung des ganzen Kernkraft-Kreislaufs bis zur Endlagerung finanziell abgesichert hat.

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