9. Jahrestag der nuklearen Katastrophe von Fukushima

Am 11. März 2011 verursachten ein Erdbeben und ein Tsunami im AKW Fukushima Daiichi drei atomare Kernschmelzen. Auch neun Jahre nach der Katastrophe wird das wahre Ausmass der Schäden für Mensch und Umwelt wenn irgend möglich weiter unter den Teppich gekehrt. Der als Reaktion auf das Reaktorunglück beschlossene deutsche Atomausstieg gestaltet sich derweil äusserst zäh.

 

Auf der Nachrichtenplattform "Beyond Nuclear International" schildert Akemi Shiva, eine Betroffene aus dem japanischen Date City unweit von Fukushima , wie chaotisch die Evakuierung und Sicherheitsmassnahmen nach der atomaren Katastrophe vonstatten gingen. Die Bewohner 20 Kilometer im Umkreis der zerstörten Reaktoren wurden evakuiert, während auch im 60 km entfernten Date City, Zonen mit hochradioaktiver Strahlung auszumachen waren. Eine Evakuierung erachtete die Regierung als nicht nötig, und man empfahl auch keine Schutzkleidung. Die Bewohner wurden ihrem Schicksal überlassen unter der Führung der Regierung, welche bestimmte Spots, also private Häuser zur Evakuation empfahl, wobei die Kriterien verwirrend und nicht nachvollziehbar waren, so Akemi Shiva. Ihre beiden Kinder litten seinerzeit unter Ekzemen, die sich nach der Reaktorkatastrophe massiv verschlimmerten, vor allem heftiges Nasenbluten, was mit erhöhter radioaktiver Strahlung in Verbindung gebracht wird, trat reihenweise bei Kinder der Region auf. Bereits ein Jahr nach den Reaktorschmelzen schickten die japanischen Behörden angrenzende Bewohner der Sperrzone wieder in das kontaminierte Gebiet zurück. Die Betroffene meint, ein grosses Problem sei der Richtwert von 20mSV, nach dem jede Strahlung darunter als unproblematisch galt, was sich als Irrtum herausstellte. Neueste Studien zur ionisierenden Strahlung im niederen Bereich führen in Wissenschaftskreisen zur Erkenntnis, dass es überhaupt keine ungefährlich Strahlung gäbe, äusserte der Onkologe Claudio Knüsli im Interview mit unserer Redaktorin Manuela Ziegler.

Noch vor der Katastrophe: das AKW Fukushima Daichi 2007 (Bild: Attribution-Share Alike 2.0 Generic , IAEA Imagebank)

Inzwischen ist bekannt, dass nicht nur höhere Macht zum Super GAU in Fukushima-Daiichi führte. Schon der Standort auf erdbebengefährdetem Gebiet stellte von Beginn ein Sicherheitsrisiko dar. Entscheidende Sicherheitsvorkehrungen waren vom Konzern japanischen Betreiberkonzern Tepco ebenfalls nicht getroffen worden. Eine lange Kette von bewussten Unterlassungen verantwortlicher Behörden und Konzerne ist daraus bis zum heutigen Tag entstanden, wie die Organisation "Fairewinds" anl. des 9. Jahrestages berichtet. Der japanische Energiekonzern Tepco verleugnete seinerzeit gar die Reaktorschmelze im Zuge des Unfalls. Die britische Tageszeitung „The Guardian“ deckte auf, dass bereits zwei Tage nach der Katastrophe die Atomindustrie kooperierte, um die Gefahren der Atomkatastrophe global herunterzuspielen. Anhand interner emails konnten die Reporter zeigen, wie britische Energie- und Wirtschaftsbehörden in enger Abstimmung mit den multinationalen Konzernen EDF, Areva und Westinghouse eine PR-Strategie aufsetzten, um sicherzustellen, dass die Katastrophe die geplante neue Generationen von Atomkraftwerken im Königreich nicht zerstören würde. 

Die Kosten der nuklearen Katastrophe, der schlimmsten nach Tschernobyl in den Achtziger Jahren, werden bis heute heruntergespielt. Mehr Infos dazu findet man im aktuellen Buch „Fukushima Daichi: The truth and the way forward“ von Fairwinds-Reporter und früherem Reaktor-Ingenieur und AKW-Mitarbeiter Arnie Gunderson und seiner Co-Autorinnen und Reiko Okazaki und Maggi Gundersen.

Nicht mal der Anfang der Entsorgung der drei havarierten Atomkraftwerke war im letzten Jahr abgeschlossen gewesen, wie unser Redaktor Urs Fitze anlässlich des 8. Jahrestages der Katastrophe berichtete. Von 30 bis 40 Jahren Aufräumarbeiten sprach der Energiekonzern Tepco, doch schon die Kapazitäten für das dekontaminierte Wasser waren mit zwei Jahren absehbar. Nur Mini-Roboter gelangten bisher ins Innere und versuchten optische Bilder der geschmolzenen Reaktorkerne zu machen und die Strahlung zu messen, die an einigen Stellen über 300 Sievert reichte. In Deutschland ist der nach Fukushima beschlossene Atomausstieg noch längst nicht vollzogen, wie Jochen Stay von Anti-Atom-Organisation „ausgestrahlt“ kommentiert. Noch immer seien 6 AKW am Netz und Deutschland nach Frankreich zweitgrösster Atomstromproduzent der EU. Eine Unterschriftenkampagne gegen die Beteiligung Japans an den olympischen Wettbewerben 2020 von ausgestrahlt und ippnw brachte nicht den gewünschten Erfolg. Die potentiellen Austragungsorte liegen 50 km von den havarierten Atommeilern entfernt. Die japanische Regierung übte Druck aus, alle Unterstützungsleistungen für nicht rückkehrwillige Evakuierte zu streichen. 

 

Links: 

Kampagne gegen Japans Beteiligung an Olympia 2020

Fairewinds, Die Verschleierung der nuklearen Katastrophe hält in Japan auch 9 Jahre nach der Katastrophe weiter an.

Beyond Nuclear International, Die halben Leben der Verbannten

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  • Mit seinem Film „Katanga Business“ von 2009 vermittelt der belgische Regisseur Thierry Michel nicht nur einen Einblick in die gegenwärtige Situation der Rohstoffförderung in Katanga, sondern verdeutlicht auch die eigentlichen Aufgaben eines Dokumentarfilmers – Dokumentieren statt Kommentieren.

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Vor dem Hintergrund der aktuellen „Energiewende“-Debatten möchten wir einen kritischen Diskussionsbeitrag leisten für all jene, die mehr wissen wollen zum Thema Energie. Und wir möchten einen Beitrag leisten, die tiefen ideologischen Gräben zu überwinden, die Befürworter und Gegner trennen. Denn die Wahrheit wird bei diesem Thema sehr schnell relativ bzw. relativiert, man bewegt sich auf einem Feld, in dem sich Experten, Meinungsmacherinnern, Ideologen, Betroffene, Opfer, Lobbyisten, Politikerinnen und Weltenretter tummeln. Sie alle sollen zu Wort kommen, sie sollen von ihrer Wahrheit erzählen, der Wahrheit des Strahlenopfers ebenso wie jener des Kraftwerkbetreibers, des Befürworters und der Gegnerin.

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