Bis zu zehn Meter Durchmesser weisen die stählernen Pfeiler auf, auf denen Windräder am bis zu 1600 Tonnen schweren Gegengewicht auf dem Meeresgrund verankert werden. Das Limit setzt die Wassertiefe. 50 Meter gelten derzeit als Maximum. Dazu kommt, dass die Pfeiler beim Einrammen einen erheblichen Lärm verursachen, der zu erheblichen Störungen besonders geräuschempfindlicher Tiere wie Wale oder Delphine führt. Die rund 2'500 Offshore-Windparks weltweit mit einer Kapazität von 35 Gigawatt finden sich deshalb ausschliesslich in den küstennahen Schelfgebieten. Sie kosten zwar einiges mehr als die Windräder an Land, leisten aber durchschnittlich mehr als das Doppelte.
Der Bedarf an Offshore-Windkraft ist gigantisch. Binnen von gut einem Jahrzehnt wird sich die installierte Kapazität nach Prognosen des Weltwindkraftrates versiebenfachen. Das verleiht auch der Industrie Flügel. In Schottland hatte die staatliche «Scotwind» Lizenzen für Offshore-Windfelder ausgeschrieben. 74 Anträge gingen ein. 17 wurden genehmigt. Gerechnet worden war mit einer Gesamtkapazität von 10 Gigawatt. Doch nun sind es 25 geworden. Sie verteilen sich auf einer Fläche von 7'000 Quadratkilometern rund um Schottland. 15 Gigawatt werden dabei in Wassertiefen installiert, die ausserhalb des Erreichbaren für konventionelle Anlagen mit einer Verankerung am Meeresgrund liegen. Rund 80 Prozent der verfügbaren Flächen für Offshore-Windkraft liegen in Europa ausserhalb der Schelfgürtel. Weiter draussen sind noch höhere Ausbeuten möglich, und die Technologie schwimmender Windkraftanlagen ist nach rund einem Jahrzehnt Entwicklung reif für die grossindustrielle Anwendung. Der Aufbau erfolgt im Hafen, danach braucht die Anlage, wie einst die Erdölbohrplattformen in der Nordsee, nur noch aufs Meer geschleppt und verankert zu werden. Denkbar ist dabei auch, gleich auf hoher See etwa mittels Elektrolyse grünen Wasserstoff zu produzieren - nebst Strom die begehrteste Energiequelle der Zukunft.
Aktuell spielen die «Floating Wind Farms» weltweit mit einer installierten Kapazität von um die 100 Megawatt nur eine Randrolle. Doch nun starten diese, nicht nur in Schottland, regelrecht durch. Auch deshalb war der Bieterwettbewerb in Schottland, der 700 Millionen britische Pfund in die Staatskasse spült, so intensiv. Auf der Vergabeliste finden sich grosse Namen der Branche, und mitten unter ihnen auch die Öl- und Gasförderer BP und Shell, die dabei sind, sich neu zu erfinden. Shell hat sich mit Scottish Power zusammengetan, einer Tochter des grössten Windparkunternehmens der Welt, der spanischen Iberdrola, mit einem Jahresumsatz von 33 Milliarden Euro und einer installierten Kapazität und laufenden Projekten von 35 Gigawatt. Shell, wiewohl mit 180 Milliarden Umsatz ungleich grösser, bringt es nur auf 6 Gigawatt, primär in Form von Beteiligungen. Die Abteilung «Integrated Power Business», die ganz auf erneuerbare Energien setzt, ist denn auch noch im Aufbau. Das Know-How für aufwendige technische Bauten auf hoher See bringt der Offshore-Öl- und Gasförderer zweifellos mit. Das Firmenduo hat sich ein Fünftel des schottischen Windpark-Kuchens gesichert. Es preist sich als Schaffer von Arbeitsplätzen und Sicherer der erneuerbaren Energiezukunft Grossbritanniens. Alleine die zwei Windparks sollen ausreichen, um rund sechs Millionen Haushalte zu versorgen – mehr als das Doppelte der Anzahl Haushalte in Schottland. Hochgerechnet auf die 25 Gigawatt wären das 30 Millionen Haushalte – mehr als genug, um die 28 Millionen britische Haushalte zu versorgen.
Schwimmende Windkraftanlagen könnten auch wesentlich dazu beitragen, das sogenannte «Backup – Problem» zu lösen. Gemeint sind Kraftwerke, die einspringen können, oder Stromspeicher wie Stauseen oder Batterien. Denn auch auf auf den windigen Meeren um Schottland herrscht einmal Flaute. Der Blick auf den europäischen Windatlas zeigt, dass auch an den spanischen und portugiesischen Atlantikküsten oder in der östlichen Ägäis ähnliche günstige Windverhältnisse herrschen wie im nördlichen Europa. Genügend Kapazitäten an Windkraft und Leitungen vorausgesetzt, liessen sich die notwendigen Backup-Speicher deutlich reduzieren.