Hinkley Point C: «Marktversagen» oder «unrichtige Marktdefinition»?

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Österreich und Luxemburg klagen vor dem Europäischen Gerichtshof gegen Milliarden-Zuschüsse für das geplante AKW Hinkley Point C. Die EU-Kommission hat diese bewilligt und beruft sich dabei auf den EURATOM-Vertrag von 1957. Die Klagenden pochen auf das geltende Verbot von Betriebsbeihilfen. Das für 2018 erwartete Urteil wird wegweisend sein.


Gleich zehn Gründe führt die Republik Österreich in ihrer Klage gegen die Europäische Kommission auf. Sekundiert von Luxemburg, beantragen die Österreicher beim Europäischen Gerichtshof, die geplante staatliche Beihilfe zugunsten des Kernkraftwerkes Hinkley Point C «für nichtig zu erklären». Von einer «unrichtigen Marktdefinition» und von der «fälschlichen Annahme», es liege ein «Marktversagen» vor, ist darin die Rede, von einer «neuartigen Technologie», auf die sich die EU-Kommission zu Unrecht berufe und weiter heisst es, «dass die Kommission irrigerweise annehme, dass es sich bei den beabsichtigten Massnahmen um eine reine Investitionsbeihilfe handle». Tatsächlich gehe diese aber weit darüber hinaus und stelle eine unzulässige «Betriebsbeihilfe» dar.

"Marktversagen"
Die EU-Kommission hatte in ihrer Begründung für den Entscheid von einem Marktversagen im Zusammenhang mit der Förderung einer CO2-armen Stromerzeugung gesprochen. Die Investitionsbeihilfe, die auch einen Preiszuschussmechanismus für die Dauer von 35 Jahren beeinhaltet, sei zulässig, weil sie durch die «besonderen» Risiken gerechtfertigt sei. Betriebsbeihilfen sind nach dem «Vertrag über die Arbeitsweise der EU» grundsätzlich verboten, weil sie den Wettbewerb verfälschen. Die EU-Kommission führt zudem den EURATOM-Vertrag ins Feld, der für die Mitgliedsstaaten die «Förderung der Kernenergie» als gemeinsames Ziel definiert. Deshalb sei die Förderung von «allgemeinem Interesse» - eine Grundbedingung von deren Zulässigkeit.

Keine Klageberechtigung
Faktisch werde die Kernenergie damit gegenüber anderen erneuerbaren Energien bevorteilt, hatte Greenpeace Energy zusammen mit anderen Ökostrom-Produzenten in einem analogen Verfahren vor dem EU-Gerichtshofe argumentiert. Denn letztere seien diesem Regime unterworfen, die Kernenergie nach Auffassung der EU-Kommission aber nicht. Damit werde der Wettbewerb verfälscht und Energieunternehmen wie Greenpeace Energy, die nur erneuerbaren Strom handeln, benachteiligt. Der Gerichtshof war auf die inhaltlichen Argumente gar nicht eingegangen und hatte Greenpeace Energy die Klageberechtigung abgesprochen.

100 Milliarden Euro Zuschüsse
Insgesamt werden die Zuschüsse für Hinkley Point C auf rund 100 Milliarden Euro beziffert, mit steigender Tendenz, sollte es bei den anhaltend tiefen Strompreisen bleiben, die wegen des Subventions-Automatismus automatisch ausgeglichen werden. Die EU-Kommission zeigt sich in Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage zuversichtlich, dass der Europäische Gerichtshof ihre Position stützen werde. Einigkeit herrscht in der Einschätzung, dass das für kommendes Jahr erwartete Urteil wegweisenden Charakter auch für andere Bauprojekte in Tschechien und Ungarn haben werde. Die österreichische Regierung prüft bereits entsprechende Klagen.

 


Quellen:
https://www.greenpeace-energy.de/presse/artikel/europaeischer-gerichtshof-weist-klage-von-greenpeace-energy-endgueltig-zurueck.html
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=hinkley%2Bpoint&docid=169607&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=988790#ctx1
http://www.europarl.europa.eu/sides/getAllAnswers.do?reference=P-2016-006490&language=EN
http://derstandard.at/2000066845606/Atomkraftwerk-Hinkley-Point-Ein-Urteil-mit-weitreichenden-Folgen

Siedewasserreaktor

  • Siedewasserreaktor

    Beim Siedewasserreaktor gibt es im Gegensatz zum Druckwasserreaktor keine zwei Wasserkreisläufe. Der Dampf wird vom Reaktordruckgefäß direkt zu den Turbinen geleitet. Der Dampf enthält deshalb Spuren kurzlebiger radioaktiver Stoffe, die aber nach wenigen Minuten abklingen.

Druckwasserreaktor

  • Druckwasserreaktor

    Der Druckwasserreaktor (in der Schweiz die Reaktoren in Beznau und Gösgen) besteht aus zwei Wasserkreisläufen. Die Erhitzung des primären Wasserkreislaufes geschieht im Reaktordruckbehälter, der sich im Reaktorgebäude befindet. Dort wird unter hohem Druck Wasser erhitzt, ohne dass es siedet. Das erhitzte Wasser wird zur Erhitzung eines zweiten Wasserkreislaufs verwendet, dessen Wasser verdampft. Der Dampf dient dem Antrieb von Turbinen. Die Turbinen für die Stromerzeugung befinden sich im Maschinenhaus. Über dem Kühlturm, dem Wahrzeichen eines Kernkraftwerkes, tritt die feuchte, warme Luft aus.

Mensch + Energie

Vor dem Hintergrund der aktuellen „Energiewende“-Debatten möchten wir einen kritischen Diskussionsbeitrag leisten für all jene, die mehr wissen wollen zum Thema Energie. Und wir möchten einen Beitrag leisten, die tiefen ideologischen Gräben zu überwinden, die Befürworter und Gegner trennen. Denn die Wahrheit wird bei diesem Thema sehr schnell relativ bzw. relativiert, man bewegt sich auf einem Feld, in dem sich Experten, Meinungsmacherinnern, Ideologen, Betroffene, Opfer, Lobbyisten, Politikerinnen und Weltenretter tummeln. Sie alle sollen zu Wort kommen, sie sollen von ihrer Wahrheit erzählen, der Wahrheit des Strahlenopfers ebenso wie jener des Kraftwerkbetreibers, des Befürworters und der Gegnerin.

Entwicklung der Kraftwerks-Generationen

  • Entwicklung der Kraftwerks-Generationen

    Die ersten kommerziellen Kernkraftwerke gingen zwischen 1956 und 1965 ans Netz. Sie zählen zu den Kernkraftwerken der ersten Generation. Ihre elektrische Leistung war noch meist unter 200 MW. Die in Europa geläufigen Kraftwerke entstammen der zweiten Generation und sind meist Druckwasserreaktoren. Die Mehrheit von ihnen wurde vor dem Reaktorunglück von Tschernobyl in Betrieb genommen. Die Generation 3 ist eine evolutionäre Weiterentwicklung der zweiten Generation. Die Weiterentwicklung betrifft vor allem die sogenannt passiven Sicherheitssysteme. So wurde der Boden unter dem Reaktordruckbehälter sowie das Reaktorgebäude deutlich verstärkt – wie dies in Olkiluoto in Finnland der Fall ist. Auf der gleichen Technik basieren auch die Kernkraftwerke der Generation 3+. Die Kernkraftwerke der 4. Generation werden noch entwickelt. Sie könnten Natrium (Salz) statt Wasser als Kühlmittel verwenden, eine Betriebstemperatur von 1000 Grad (statt 300 Grad) erreichen, und statt Uran könnten sie Thorium sowie Plutonium als Brennstoff nutzen. Die Konzepte liegen schon lange vor, eine Realisierung ist nicht in Sicht. Zur 4. Generation könnten aber auch kleine Modulreaktoren gehören, die in den USA im Gespräch sind. Bei Modulreaktoren besteht ein Kernkraftwerk nicht aus einem großen, sondern aus mehreren kleinen Reaktoren. Bei der Wartung, einer Inspektion oder dem Ausfall eines Reaktors liefern die anderen Reaktoren weiterhin Energie.

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