Horst Tampe, Werkstattmeister in Lubmin (Greifswald, Deutschland)

«Der Rückbau ist eine gewaltige Aufgabe.»

Horst Tampe hat den Bau und Betrieb des AKW Lubmin in der ehemaligen DDR über Jahrzehnte begleitet. Jetzt ist auch beim Rückbau dabei.

Rückbau des AKW Lubmin

„Ich kenne das Kernkraftwerk Lubmin seit 1973. Die Arbeit hier war mein Lebensinhalt. Die Arbeitsplätze waren beliebt und der Lohn gut. Wir fühlten uns sicher. Wir hatten keine Angst vor der Strahlung. Die Schliessung war für mich ein Schock und ich war wie die meisten Mitarbeiter zuerst gegen sie. Sie hat über 4000 Männern und Frauen die Arbeit gekostet. Immerhin leisten wir nun für den Ausstieg eine essentielle Arbeit. Die meisten Materialien beim Rückbau landen irgendwann in unserer Werkstatt, wo sie einerseits zerlegt und anderseits gereinigt werden. Ein Kran kann bis zu 32 Tonnen schwere Baukörper vor einer der beiden großen Sägen platzieren, und zwar so, dass sie mit der Geometrie der Gegenstände zurechtkommt. Wir zerkleinern und säubern, wo immer dies möglich ist. Und zwar auf eine Grösse, die es erlaubt, die Gegenstände in standardisierte Kisten zu legen, die, je nach Grad der Strahlung in die Endlagerung kommt. Am Schluss werden es Tausende solcher Kisten sein – ein Kernkraftwerk in Einzelteilen. Zur Reinigung der Materialien stehen verschiedene Möglichkeiten offen. Einerseits kann ein Trockenstrahler mit Metallstaub die Oberfläche wegschleifen, andererseits stehen dafür auch ein Hochdruck-Wasserstrahl und eine chemische Behandlung aus Phosphor- und Oxalsäure für die Elektrolyse zur Verfügung. Auch Ultraschall steht zur Verfügung. Welche Mittel wir nun für ein zu reinigendes Element einsetzen besprechen wir im Team. Oft ist auch eine Kombination verschiedener Reinigungsmethoden notwendig. In gewissen Bereichen der Werkstatt müssen wir extrem geschützt arbeiten. Wir haben es manchmal nicht nur mit Radioaktivität, sondern beispielsweise auch mit Asbest zu tun, das wegen seiner branddämmenden Wirkung in Atomkraftwerken verbaut wurde. Ausserdem müssen wir auch mit giftigen chemischen Stoffen rechnen. Im Arbeitsbereich der Werkstatt dürfen wir Angestellten deshalb nichts trinken und essen. Denn durch das Essen könnten radioaktive und andere gefährliche Substanzen in den Körper gelangen. Wir müssen uns umziehen, wenn wir sie betreten und wieder umziehen, wenn wir sie nur für eine Pause oder den Gang auf die Toilette verlassen. Sie sehen: Der Rückbau eines Kernkraftwerkes ist eine gewaltige Aufgabe.“




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Vor dem Hintergrund der aktuellen „Energiewende“-Debatten möchten wir einen kritischen Diskussionsbeitrag leisten für all jene, die mehr wissen wollen zum Thema Energie. Und wir möchten einen Beitrag leisten, die tiefen ideologischen Gräben zu überwinden, die Befürworter und Gegner trennen. Denn die Wahrheit wird bei diesem Thema sehr schnell relativ bzw. relativiert, man bewegt sich auf einem Feld, in dem sich Experten, Meinungsmacherinnern, Ideologen, Betroffene, Opfer, Lobbyisten, Politikerinnen und Weltenretter tummeln. Sie alle sollen zu Wort kommen, sie sollen von ihrer Wahrheit erzählen, der Wahrheit des Strahlenopfers ebenso wie jener des Kraftwerkbetreibers, des Befürworters und der Gegnerin.

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